Das Prinzip der Superkompensation

Das Prinzip der Superkompensation

Das Verhältnis von Belastung und Erholung

Hobbysportler kennen es ebenso wie Olympiasieger: Trotz eines vermeintlich richtigen, kontinuierlichen und intensiven Trainings nimmt die Leistungsfähigkeit manchmal ab, obwohl diese doch steigen sollte. Ein Blick auf die Trainingssteuerung und insbesondere das so wichtige Verhältnis zwischen Belastung und Erholung offenbart dann meist die Basis des Problems. Anstatt jedoch einen Schritt zurück zu gehen und sich Zeit für die Analyse der eigenen Leistungsfähigkeit zu nehmen, trainieren einige Sportler unvermindert und oft noch härter weiter in der Hoffnung, dass sich das Problem damit beheben lässt. Die Konsequenz ist nicht nur eine weiter absinkende Leistungskurve, sondern oft auch Frustration. Ein Teufelskreis des Übertrainings beginnt sich zu entwickeln, der oft durch das Prinzip der Superkompensation gebrochen werden kann.

Was ist die Superkompensation?

Nach einer fordernden Trainingseinheit oder einem intensiven Wettkampf sind die Muskeln weniger leistungsfähig als zuvor. Die Energiespeicher sind geleert, die Muskeln, Sehnen, Gelenke, Bänder und auch die mentale Leistungsfähigkeit des Sportlers wurden sehr stark beansprucht. In der sich nun anschließenden und wichtigen Erholungsphase versucht der Körper den vorherigen Ausgangszustand schnellstmöglich wieder zu erreichen, damit die erfolgte Belastung wieder kompensiert werden kann. In der Konsequenz werden die Energiespeicher wieder aufgefüllt und der Körper führt kleinere Regenerations-Reparaturen an den beanspruchten Muskeln, Sehnen, Gelenken und auch Bändern vor, um die allgemeine Leistungsbereitschaft wieder steigen zu lassen. Damit alle Muskeln für die nächste Trainingseinheit optimal vorbereitet sind, steigt im besten Fall die gesamte Leistungsfähigkeit über das Ausgangsniveau hinaus. Nach einer korrekt ausgewählten und gut bestimmten Erholungszeit sind der Körper im Allgemeinen und die Muskeln im Besonderen besser und somit auch leistungsfähiger. Diese so genannte Superkompensationsphase tritt infolge der Belastung immer erst im Anschluss an eine Erholungsphase ein und ist zeitlich reversibel – also umkehrbar.

Was bedeutet das für die eigene Trainingssteuerung?

Belastung und Erholung sind untrennbar miteinander verbunden. Klar fühlen Sie sich während eines intensiven Trainings durch die Belastung, den erhöhten Herzschlag, das erhöhte Blutvolumen in den Muskeln und nicht zuletzt durch die Ausschüttung von Hormonen stark und besser als zuvor. Die sportliche Leistung steigt aber vor allem in den Erholungsphasen und nicht während den belastenden Trainingseinheiten. Ihr sportliches Training sollte daher in der Regel auf eine kontinuierliche Verbesserung der Leistungsfähigkeit abzielen und den Fokus auch auf die Erholungsphasen setzen. Der optimale Zeitpunkt, um dann den nächsten Trainingsreiz zu setzen, ist der jeweils höchste Punkt in der Superkompensationskurve. Eine Leistungssteigerung im Sinne der Superkompensation wird grundsätzlich nur dann erreicht, sofern in den Trainingseinheiten eine kritische Reizschwelle überschritten wird. Demnach bleiben unterschwellige Reize wirkungslos bzw. führen sogar zu einer Senkung des Leistungsniveaus oder zur Atrophie von Gewebe. Diese Schwelle ist sehr stark vom individuellen Trainingszustand, aber auch von anderen Faktoren wie Ihrem Alter, Gesundheitszustand, Ernährung sowie Schlaf und der momentanen Befindlichkeit abhängig. Ein Training, das zu einem gewissen Zeitpunkt mit Blick auf die Dauer oder Intensität überschwellig war, muss es also zu einem anderen Zeitpunkt nicht unbedingt auch sein. Die Erfahrung und vor allem das eigene Gefühl des Sportlers und auch des Trainers sind hier entscheidend, ob der Trainingsreiz optimal gesetzt war.

 

Welche Erholung ist notwendig?

Die Dauer der Erholungsphase hängt von der Intensität des gesetzten Trainingsreizes ab. Je nachdem, wie hart, intensiv oder auch ungewohnt dieser ist, erfolgt die Anpassung langsamer oder schneller. Bei einem hochintensiven Krafttraining benötigen die belasteten Muskelgruppen meist mehrere Tage, um den Regenerations- und Superkompensationszyklus vollständig zu durchlaufen. Große Muskelgruppen wie die Bein- oder auch Rückenmuskulatur benötigen bis zu 72 Stunden bevor ein neuer, intensiver Trainingsreiz gesetzt werden sollte. Kleinere Muskelgruppen wie die Arm- und Wadenmuskulatur erreichen eine volle Leistungsfähigkeit meist schon nach ein bis zwei Tagen. Im Rahmen eines lockeren Ausdauertrainings (1 Stunde Joggen), bei dem der Pulsbereich zwischen 65-75% der maximalen Herzfrequenz liegt, kann benötigen untrainierte Sportler bis zu 24 Stunden Regeneration und trainierte Athleten können bereits nach 12 Stunden den nächsten Trainingsreiz setzen. Ein Marathonwettkampf ist hingegen ein sehr extremes Beispiel für einen starken, intensiven Trainingsreiz im Ausdauersport, denn die Regeneration kann hier je nach Leistungslevel bis zu 3 Wochen betragen.

 

Weniger ist manchmal mehr!

Vermeiden Sie den Fehler und die Konsequenzen eines Übertrainings, die durch ein fehlerhaftes Verhältnis zwischen Belastung und Erholung auftreten können. Häufige Kennzeichen für ein Übertraining sind zum etwa Lustlosigkeit in Bezug auf den Sport im Allgemeinen und das Training im Besonderen sowie fortwährende Müdigkeit, ausbleibende Leistungsfortschritte, gehäuft auftretende Infekte, Erkrankungen oder gar Verletzungen. Damit Sie einen optimalen Trainingsreiz setzen können, gilt es also den schmalen Grat zwischen einer ausreichenden Trainingsbelastung und der entsprechenden Ruhephase zu finden. Hierbei gilt es, auf Ihren Körper zu hören. Nicht selten braucht es Geduld und auch eine gewisse Experimentierfreude, die ideale Trainingsweise in Bezug auf Länge, Intensität, und Häufigkeit herauszufinden. Weniger ist manchmal mehr.